Bayern nervt die Maulwurf-Affäre

Maulwürfe (Talpidae) sind possierliche Tierchen und gehören zur Ordnung der Insektenfresser (Eulipotyphla). Weil die pelzigen Erdwühler bei Kindern sehr beliebt sind, gibt es sie auch als Trickfilmfigur.

Weniger Beliebtheit erfreuen sich die Schermäuse bei Gärtnern, die auf die skurrilsten Ideen kommen, um Maulwürfe zu vertreiben. Da werden sogar Plastikflaschen abgeschnitten und mit der Trinköffnung nach unten ins Erdreich gerammt. Oben im Flaschenbauch soll sich dann der Wind fangen und dem Maulwurf ein schrilles Ständchen summen, das für ihn angeblich unerträglich ist.

Verschwindet der Maulwurf im Schneetreiben der Khimki-Arena...? (Foto: facebook)

Verschwindet der Maulwurf im Schneetreiben der Khimki-Arena…? (Foto: facebook)

Unerträglich ist für Pep Guardiola auch der Maulwurf, der gerade beim FC Bayern sein Unwesen treibt. Vor dem Spiel in Dortmund am vergangenen Samstag wurden mindestens zum sechsten Mal schon Interna öffentlich bekannt. Der Aufklärer wird in Reihen der Mannschaft vermutet, der Coach ist entsprechend sauer und genervt. „Egal, wer es ist, es werden Köpfe rollen. Denjenigen schmeiße ich raus. Er wird nie wieder unter mir spielen“, so Guardiola bei der Mannschaftsbesprechung vor dem Spitzenspiel im Signal Iduna Park zu seinen Kickern.

Die Maulwurf-Affäre geht auch Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge mächtig auf den Senkel: „Wir werden keine NSA einschalten, um über Amerika herauszufinden, wer das ist“, flüchtet sich Kalle in Sarkasmus. „Aber ich rate dem Betreffenden dringend, seinen Spielbetrieb einzustellen, sonst bekommt er ein ernsthaftes Problem, nicht nur mit Pep Guardiola, sondern mit dem ganzen Club.“

Einzelheiten zur Dortmund-Taktik konnten am Samstag nämlich Bild-Leser exklusiv studieren. Miguel Gutierrez, Journalist und Experte für spanischen Fußball, kennt Guardiola aus dem Effeff. SPIEGEL online sagte der Publizist: „Josep Guardiola flippt nicht einfach so aus. Er legt wahnsinnig viel Wert auf Stil und Anstand. Diese Situation reizt ihn bis aufs Blut. Kaum jemand trägt seine gute Erziehung so sehr nach außen wie Guardiola. Er weiß, wie man mit Menschen umgehen muss, Vertrauen und Integrität sind ihm äußerst wichtig.“

Guardiola ist zudem ein gebranntes Kind. Schon zu seiner Zeit beim FC Barcelona wurden ihm Indiskretionen zum Verhängnis. Denn vier Spieltage vor Ende der Saison 2011/2012 empfing Barcelona im Camp Nou den Erzrivalen Real Madrid. Guardiola wollte Real-Trainer José Mourinho mit einer taktischen Neuerung überraschen: „Er plante, Cesc Fabrégas, Gerard Piqué, Pedro und Alexis Sachéz auf die Bank zu setzen. Sechs Stunden vor Anpfiff wussten das plötzlich die Medien“, verrät Guardiola-Intimus Marcos López SPIEGEL online. „Er hatte auf ein 3-4-3-System umgestellt und viel riskiert, und Mourinho hatte nun Zeit zu reagieren.“

Mourinho tat das, ließ Mesut Özil und Cristiano Ronaldo rochieren und siegte so 2:1. Am Ende der Saison stand die Meisterschaft für die Königlichen, Guardiola machte Schluss bei den Katalanen. „Wenn er je Zweifel gehabt hat, dann seit diesem Spiel. Seitdem war Misstrauen da“, sagt López.

Jetzt also die Maulwurfaffäre beim FC Bayern. Rummenigge hofft, dass mit dem Wintereinbruch auch den Maulwurf das Zeitliche segnet. „Vielleicht verabschiedet der sich mit dem einsetzenden Schnee auch in den Winterschlaf, dann wäre das Thema für uns erledigt. Das ist ein unsympathisches Thema. Es ist ethisch und moralisch nicht okay, dass Spieler Informationen nach außen streuen. Ich bin überzeugt, dass das ein Ausrutscher war, der in Zukunft nicht mehr vorkommt. Alles andere würde mich bei der Mannschaft, die einen guten Charakter hat, überraschen.“

Rummenigge erinnerte auch an einen ähnlich gelagertes Exempel aus seiner aktiven Zeit. „Es gab damals einen Fall Jupp Kapellmann. Den musste Uli Hoeneß verkaufen, weil die Mannschaft es so wollte“. Verärgert ist auch Philipp Lahm: „Es gibt Regeln in einem Team. Wenn die jemand bricht, ist das für eine Mannschaft nicht erfreulich“, so der Kapitän. „Wir alle werden miteinander sprechen müssen.“ Enttäuscht ist auch Mittelfeldstar Arjen Robben. „Das ist traurig. So etwas gehört nicht zu einer richtig großen Mannschaft. Es ist aber auch nichts Neues für mich. Ich bin schon seit fünf Jahren beim FC Bayern, und das war schon immer so.“

Kurz vor der Champions League Partie bei ZSKA Moskau erklärte Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer bei Sky zu dem Thema: „Ich hätte genauso reagiert wie Guardiola, das ist ein Vertrauensbruch. Aber beim FC Bayern wird doch immer alles aufgebauscht. Der Verein kann machen, was er will, er steht immer in den Schlagzeilen. Ich würde das Thema nicht überbewerten, schließlich rührt daher auch die Popularität des FC Bayern.“

Bayer Leverkusens Ex-Manager Reiner Calmund ergänzte: „Das war ja auch schon während der EM 2012 in der Nationalmannschaft so, dass die Aufstellung vor einem Spiel schon in der Zeitung zu lesen war. Da braucht nur ein Spieler seine Frau anzurufen oder seinen Berater und schon ist das Thema in der Welt.“ Beckenbauer: „Heutzutage wird doch so viel gezwitschert oder wie das heißt…?!“

Vor dem Spiel in der kalten Kapitale Russlands jedenfalls hat Guardiola die Aufstellung geheim halten können, sogar so sehr, dass er Sky-Experte Erik Meijer auf dem falschen Fuß erwischte. Der ist für die Analyse der Mannschaften zuständig und hatte sich auf eine Riesenrotation der Bayern im Vergleich zum Dortmund-Spiel eingestellt, doch der Bayerns Trainer veränderte seine Elf lediglich auf einer Position (Götze für Mandzukic). „Ich glaube, dass der Maulwurf hier sitzt und nicht bei den Bayern“, so Meijer süffisant.

Bayern-Präsident Uli Hoeneß jedenfalls nimmt die Angelegenheit gelassen zur Kenntnis. „Die Spieler lachen sich halb tot über die Schlagzeilen. Ich lächle auch darüber. Wenn das unsere einzigen Probleme sind, können wir gut damit leben.“ Sport-Vorstand Matthias Sammer ist ebenfalls nicht besonders beunruhigt ob des Verräters innerhalb des Teams. „Ich würde das nicht überinterpretieren auch unter Jupp Heynckes stand jede Woche etwas anderes in der Zeitung, das aus der Mannschaft nach außen getragen worden ist. Ich bin jetzt 1 ½ Jahre bei der Mannschaft und sie hat einen guten Charakter. Wie sollten die Dinge nicht überbewerten, damit sind wir immer am besten gefahren.“

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