Wenn der Vater mit dem Sohne

Sportlich macht Weltmeister Mesut Özil im Moment wenig Schlagzeilen, der Mittelfeldspieler vom FC Arsenal London laboriert immer noch an einer komplizierten Blessur, ist deshalb auch nicht im Kader der Nationalelf für die beiden Länderspiele gegen Gibraltar und in Spanien.

„Ich fahre, nie, nie, nie mehr nach Wolfsburg!“: Valdas Ivanauskas war zuletzt Trainer beim FC Dila Gori in Georgien (Foto: Facebook)

„Ich fahre, nie, nie, nie mehr nach Wolfsburg!“: Valdas Ivanauskas war zuletzt Trainer beim FC Dila Gori in Georgien (Foto: Facebook)

„Ich bin schon fünf Wochen verletzt und werde noch sieben weitere Wochen fehlen“, sagte der Mittelfeldspieler während der Verleihung des Laureus-Medienpreises in Hamburg: „Das ist schon eine sehr lange Zeit.“

Doch sein Privatleben wird von den Medien momentan mächtig ausgeschlachtet, da war zunächst die öffentlichkeitswirksame Trennung von seiner Freundin Mandy Capristo, die als DSDS-Jurorin bei RTLs Casting-Kracher tränenreich einem Millionenpublikum das Liebes-Aus mit Mesut erklärte, jetzt fetzte sich der millionenschwere Kicker gar mit seinem Vater vor Gericht.
In letzter Minute konnte nämlich vor dem Düsseldorfer Landgericht ein von seinem Vater Mustafa angestrengter Prozess abgewendet werden, bei dem es um angeblich ausstehende Provisionen in Höhe von rund 630.000 € und eine Luxuslimousine ging.

Für den 19. November war die entsprechende Gerichtsverhandlung angesetzt. Ralf Thönnissen, Vorsitzender Richter am Landgericht in Düsseldorf, stellte fest, dass beide Seiten über den Inhalt des Vergleichs Stillschweigen vereinbart hätten.  Mustafa Özil hatte die Marketingfirma seines Filius wegen angeblich nicht gezahlter Provisionen aus Werbe- und Ausrüsterverträgen in Gesamthöhe von 630.000 € vor den Kadi gezerrt. Daraufhin setzte Mesut zum Konter an und forderte seinerseits einen Geschäftswagen und ein Darlehen von rund 1 Million € zurück.

Laut „Rheinischer Post“ wollte sich Özils Agentur, die an der renommierten Düsseldorfer Königsallee sitzt, nicht zu dem Sachverhalt äußern, es wurde auf private Angelegenheiten verwiesen. Nur durch eine Unachtsamkeit des Landgerichts kam die pikante Affäre überhaupt ans Licht. Die Rechtsbehörde hatte es schließlich schlichtweg verschlafen, den Fall, der längst zu den Akten gelegt worden war, aus der Liste jener Verhandlungen für den Monat zu streichen, die im November noch anstehen. So wurde das Aktenzeichen 2b O 242/13 vergangene Woche der Öffentlichkeit präsentiert, eine Stunde später fiel der Irrtum auf und wurde in einer Mitteilung bereinigt.

Solch einen gravierenden Familienstreit gab es im deutschen Fußball bislang noch nicht. Özil Senior fungierte bis Oktober letzten Jahres als Geschäftsführer des Unternehmens, das hauptsächlich zur Vermarktung Mesut Özils gegründet worden war. Im letzten Jahr soll es beim Wechsel von Real Madrid zum FC Arsenal zum Zerwürfnis zwischen Vater und Sohn gekommen sein.

Die Königlichen warfen Mustafa vor, den 50 Millionen € Deal nicht zuletzt aufgrund dessen Profitgier ins Leben gerufen zu haben. In einer wahren Schlammschlacht bekämpften sich Özils Vater und Real Madrid monatelang. Die Gerüchteküche brodelte, der Mittelfeldstar soll nur auf Druck seines Vaters nach London gewechselt sein. Schließlich verdienen Berater am meisten dann, wenn ihre Schützlinge transferiert werden.

Mustafa Özil explodierte damals förmlich: „Ich soll jetzt der gierige Vater sein, der nur auf das große Geld gewartet hat. Ein abgekartetes Spiel, ein mieses Geschäft.“ In einer Mitteilung erklärte Mesut damals, dass mit dem Wechsel nach London entscheidende Weichen für seine Zukunft gestellt worden seinen. Er habe langfristige Verträge bei seinem Ausrüster Adidas und beim FC Arsenal unterschrieben. „Außerdem haben sich in London auch mein Arbeitsumfeld und meine Lebenssituation grundlegend geändert, weshalb man Vater, der diese Weichen gestellt hat, operativ für mich nicht mehr tätig sein wird.“

Die gut informierte Haus- und Hofpostille Reals, die „Marca“, berichtete fast täglich darüber, dass Mesut jeden Tag sehr traurig darüber sei, nicht mehr beim spanischen Spitzenklub aktiv sein zu dürfen. Sein Abschied erklärte der Spieler zwar mit fehlendem Vertrauen der sportlichen Leitung, das allerdings sei darauf zurück zu führen, das Özil dem Trainerstab erfolglos eine Stammplatzgarantie aus dem Kreuz leiern wollte, um seinen Vater doch noch dazu zu bewegen, Real treu zu bleiben.

Seit Juli 2006 war Mustafa, die sich mittlerweile auch von Mesuts Mutter Gülizar getrennt hat, der einzige Berater seines Sohnes. Ihm folgte Mesuts älterer Bruder Mutlu nicht nur als Berater nach, sondern auch als Geschäftsführer der Marketingagentur.

Jetzt tritt Mustafa öffentlich nach, gibt sogar Mesuts Ex Mandy die Schuld für den Streit mit seinem Sohn. „Seine damalige Freundin hat sich zwischen Vater und Sohn gestellt, sie hat ihn verrückt gemacht.“ Zwischen den beiden gibt es bis auf wenige SMS kaum noch Kontakt. Gegenüber der Bild-Zeitung stellte der 26-jährige jetzt allerdings klar: „Mandy trifft keine Schuld an dem Bruch mit meinem Vater, sie hat damit 0,0 zu tun.“

Immer wieder haben Profis Ärger mit Beratern, die aus der eigenen Familie stammen, meistens sind es die Väter. Barcelonas Superstar Lionel Messi beispielsweise beschäftigt im Moment eine Steueraffäre, die er seinem Vater Jorge zu verdanken hat. Die spanische Justiz ermittelt gegen beide wegen Steuerhinterziehung. Dem spanischen Radiosender „Cadena Cope“ erklärte Jorge Messi zwar, dass dieses Thema nur ihn betreffe: „Leo hat damit nichts zu tun.“ Doch durch den Kopf gehen wird Sohnemann die unappetitliche Angelegenheit mit Sicherheit.

In den Jahren 2007 bis 2009 sollen der Weltklassekicker und sein Vater rund 4 Millionen € am königlichen Fiskus vorbeigeschleust haben. Zwar haben die Argentinier das Geld längst nachgeschossen, doch die Anklage ist für das spanische Gericht noch lange nicht vom Tisch. Sind die Vorwürfe Grund dafür, dass Messi in letzter Zeit immer wieder mit Magenproblemen zu kämpfen hat? „Andere große Sportler haben auch Probleme damit“, wischt Papa Jorge solche Spekulationen beiseite. „Mein Sohn ist hier kein Einzelfall. Die Ärzte des FC Barcelona haben gemeinsam mit Experten viele Untersuchungen vorgenommen und haben mir immer wieder versichert, dass es sich um ein Phänomen handele, das mal auftrete und dann wieder verschwinde.“

Beim VfB Stuttgart hingegen gehörte es Mitte des letzten Jahrzehnts scheinbar zum Anforderungsprofil, von einem Familienmitglied beraten zu werden. Die Ex-Nationalspieler Kevin Kuranyi und Andreas Hinkel wurden von ihren Vätern betreut, Timo Hildebrand sogar von seiner Mutter. „Mütter und Väter wissen eben, was für ihre Kinder gut ist“, so Hildebrand damals. „Nirgendwo auf der Welt würden sie ihre Söhne zu einem Vereinswechsel zwingen, um fette Provisionen zu kassieren.“ Sie seien die besten Berater. Naja, fragen Sie mal bei Mesut Özil oder Lionel Messi nach, Herr Hildebrand!

Auch Herthas Ex-Kapitän Dick van Burik brachte die berufliche Liaison mit seinem Vater Ärger, er soll für Spielerberater Karel van Burik Mitspieler wie Kevin-Prince und Jerome Boateng beeinflusst haben. Nach zehn Jahren und 245 Bundesligapartien lösten die Berliner 2007 den Vertrag mit dem damals 33-jährigen auf, der anschließend schwor, niemals für seinen Vater Spieler abgeworben zu haben. Nach dem Ende seiner aktiven Karriere wollte der Niederländer das Geschäft des Beraters bei seinem Vater erlernen.

Mindestens grenzwertig ist aber auch das, was zur Zeit Hans Ødegaard mit seinem Sohn Martin treibt. Der 15-jährige Norweger avancierte zuletzt zum begehrtesten Talent Europas, wurde am 13. Oktober nach seiner Einwechslung gegen Bulgarien im Ullevaal-Stadion zu Oslo von den Fans begeistert gefeiert und zum jüngsten Nationalspieler in der Geschichte der EM-Qualifikation.  Jetzt sind selbstredend alle Top-Clubs hinter dem Jungen her.

Für Vater Martin Grund genug, der „Sport Bild“ zu verraten, bei welchen Clubs er und sein Sohn schon am Verhandlungstisch saßen. „Bei jedem seiner Spiele sind 20 – 30 Scouts auf der Tribüne. Seit Mai gab es nur zwei Tage, an denen es keine Anfrage von Vereinen oder Beratern gab“, so Ødegaard.

Mehrere Bundesligavereine, alle Spitzenmannschaften aus England und natürlich die europäischen Schwergewichte wie Real Madrid und FC Barcelona seien wollen Martin haben. Real Madrid ließ das norwegische Supertalent sogar mit einem Privatjet einfliegen, Ødegaard trainierte zur Probe auch schon beim FC Bayern und dem VfB Stuttgart. In England schnupperten beide bei Manchester United und dem FC Liverpool hinein. „Ich spreche mit keinem Club über Geld“, mein Ødegaard Senior. „Der Verein, für den wir uns entscheiden, muss einen Plan für Martins sportliche Entwicklung haben. Das ist das einzig Richtige.“

Zu diesem Plan sollte als verantwortungsbewusster Vater aber auch gehören, einen 15-jährigen nicht schon so früh unter Druck zu setzen und einem Boulevardblatt auf die Nase zu binden, bei welchen Clubs man denn schon alles vorgesprochen hat.

Dass es auch anders geht, zeigen die positiven Beispiele von Arjen Robben und seinem Vater Hans, auch Pierre-Michel Lasogga ist mit seiner Beraterin zufrieden, der HSV-Stürmer wird von seiner Mutter Kerstin betreut. „Mama ist die beste“, so der Torjäger über die Frau von Fortuna Düsseldorfs Coach und Ex-Profi Oliver Reck. Bayern Münchens Mittelfeldjuwel Luca Gaudino wird von seinem Vater Maurizio beraten, der ihn behutsam aufgebaut hat. „Wichtig ist, dass er bei den Profis mittrainieren kann und sich weiterentwickelt. Der Rest kommt von alleine“, so der ehemalige Mittelfeldstratege.

Gaudino-Junior hat bereits seine ersten Sporen unter Pep Guardiola verdient, ihm wird eine großartige Zukunft vorhergesagt. Hoffentlich endet die nicht wie bei Papa „Mauri“, der wurde im Dezember 1994 schließlich einst wegen Verdachts des Bandendiebstahls in Zusammenhang mit Autoschieberei aus Thomas Gottschalks RTL-Late-Night-Studio in Handschellen abgeführt.

Etwas aus der Mode gekommen sind Spielerfrauen als beratendes Element ihrer kickenden, gutverdienenden Gatten. Amazonen wie Angela Häßler, Bianca Illner, Claudia Effenberg oder Gaby Schuster waren in den 1980er und 1990er Jahren en vogue und brachten viele Bundesligamanager am Verhandlungstisch zum Schwitzen.

Beatrix Ivanauskas, Braut von Buden-Ballermann Valdas, hatte ganz besonderen Einfluss auf ihren Liebsten. Der hatte nämlich 1997 bereits einen Vertrag beim VfL Wolfsburg unterzeichnet, löste diesen aber wieder auf, um seine Ehe zu retten. „Als meine Frau die graue VW-Stadt gesehen hat, wollte sie sich scheiden lassen, nicht mit mir dahinziehen.“ Vom Ehestreit zermürbt konstatierte der Litauer konsterniert: „Ich fahre nie, nie, nie mehr nach Wolfsburg.“

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